Was für ein Knaller! 1:10:12 im Halbmarathon!
Ich kann es immer noch nicht ganz glauben – ich wusste ja, dass ich gut in Form bin, aber angesichts solch einer Bombenzeit beim Scottish Half Marathon war ich mir (dies gleich vorweg) im Ziel zunächst trotzdem ziemlich sicher, dass der Kurs falsch vermessen sein musste. Auf Nachfrage zeigten mir aber zwei unterschiedliche Läufer ihre GPS-Uhren, die 21,2 bzw. 21,1 km anzeigten. Auch die Nachmessung per Google Maps ergibt genau 21,2 km. Und der Kurs ist zudem offiziell vom schottischen Leichtathletikverband lizensiert.
Es stimmt also definitiv! 1:10:12! Wahnsinn! Zweieinhalb Minuten unter meiner bisherigen PB (Schweinfurt 2015, 1:12:38). Mein größter Leistungssprung, seit ich mich 2013 im Marathon von 2:41 auf 2:31 im Marathon verbessert habe. Und zu guter Letzt sogar ein neuer Vereinsrekord – der stand bisher bei 1:10:40, gelaufen anno 1995 von Jörg Teiche in Bad Brückenau!
Schon den ganzen Sommer über lief mein Training außerordentlich gut – seit April hatte ich keine Verletzungen, und habe immer über 400km/Monat geschafft, im August knapp 600. Also soviel Konstanz wie noch nie – obwohl, bzw. vielleicht sogar weil, ich im Juli Vater geworden bin (Unserer kleinen Charlotte Maria geht es übrigens bestens)! Mein verlängerter Vaterschaftsurlaub brachte natürlich einige neue Pflichten und Herausforderungen mit sich, aber doch auch Gelegenheit zur ein oder anderen Trainingseinheit, zumal meine Frau Lorna meine Lauferei dankenswerterweise immer sehr unterstützt (thank you, Lorna!).
Als Saison-Hauptwettkampf habe ich seit Monaten den München-Marathon mit den bayerischen Meisterschaften im Blick. Für den vielfach empfohlenen Testwettkampf 3-4 Wochen vor dem Marathon bot sich der Scottish Half Marathon nebst Schwiegerelternbesuch an. Das Rennen startet in Tranent, nicht weit von Edinburgh, und führt dann nach Musselburgh, auf einer reizvollen und nur leicht hügeligen Strecke (wie üblich in solchen Fällen als „sehr schnell und flach“ beworben), davon viele Kilometer an der malerischen Küste entlang. Zum Anfeuern waren lieberweise auch meine Frau und unsere inzwischen elf Wochen alte Charlotte, meine Schwiegereltern sowie zwei ihrer Enkelkinder dabei. Immer schön, wenn man so zahlreich persönlich angefeuert wird! Die Wetterbedingungen waren mit Wolken, kaum Wind und ca. 14 Grad praktisch perfekt.
Da der Sieger letztes Jahr „nur“ 1:12h gelaufen war, hatte ich mir im Vorfeld Siegchancen ausgerechnet. So ging ich denn frohen Mutes vom Start weg mit der Spitzengruppe mit, obwohl mir das Tempo doch eher flott vorkam – aber man kann sich ja täuschen, also lieber erstmal nicht abreißen lassen! Eigentlich sollte man das Tempo ja dann nach der ersten Meilen-Marke behutsam anpassen können – aber leider hatten die ansonsten ganz ausgezeichneten Organisatoren ausgerechnet bei den Meilen-Markierungen geschlampt. Das 1-Meilen-Schild erreichten wir nach 4:50 – das wären 3:00 pro km, auf Kurs für eine 1:03! Ich weiß nicht, wie schnell wir waren, aber definitiv nicht SO schnell. Auch die folgenden Markierungen waren offensichtlich nach dem Motto „Pi Mal Daumen“ verteilt worden (der Klassiker, sicherlich allen Läufern schon begegnet: Das Schild hängt am einzigen Pfahl weit und breit, ganz offensichtlich weil der Pfahl sich so schön als Aufhänger anbietet, auch wenn er 100m falsch liegt).
So musste ich nach Gefühl laufen – und das sagte mir schon nach wenigen km doch recht eindeutig, dass ich mit der Spitzengruppe nicht mehr mithalten konnte. So ließ ich abreißen, und wurde bis ca km 8 noch von ein paar anderen Läufern passiert. Wenn man schlecht in Form ist, war es das dann, und man lässt immer weiter nach. An einem Sahnetag wie diesem konnte ich das Tempo ohne weiteren Einbruch konstant hoch halten.
So spulte ich denn die nächsten ca 10 km in gleichmäßig flottem Tempo ab, mit guten Beinen - und in neuen Schuhen, Nike Zoom Fly Fyknit. Ich bin ja wirklich kein Materialfetischist und habe bisher keine großen Unterschiede zwischen verschiedenen Schuhen feststellen können, aber die Dinger gehen wirklich ab! Die ein oder andere Sekunde von meiner Bestzeit, das sei eingestanden, geht sicherlich auch auf das Konto von den Schuhen (kein Wunder, dass die allermeisten Profis inzwischen Nike laufen. Ende der unbezahlten Werbung). Gegen Ende sammelte ich noch einen Läufer ein, der böse eingebrochen war, ansonsten passierte nicht mehr viel – außer, dass die Zeithochrechnungen auch bei näherkommendem Ziel (und mutmaßlich präziser werdenden Markierungen) noch großartig aussahen. Dann war das Rennen auch schon vorbei - es war einer dieser Wettkämpfe, nach denen man nicht wirklich platt ist, aber trotzdem das Gefühl hat, dass heute nicht viel mehr möglich war - und die großartige Zeit von 1:10:12 stand zu Buche. Dass das nur zu Platz fünf gereicht hatte, war dagegen naturgemäß nur eine Randnotiz...
Mein Fazit:
1. Es läuft momentan richtig gut!
2. Die sub-2:30 ist fällig. Laut Peter Greif ist eine 1:10:12 im HM sogar 2:27:59 über die volle Distanz wert – Das wäre vielleicht etwas viel verlangt, aber ich bin auf jeden Fall optimistisch für München!
3. Ich sollte mir eventuell doch eine GPS-Uhr zwecks Geschwindigkeits- und Distanzbestimmung zulegen...
Nun stehen also noch drei Wochen Training an mit den letzten harten Einheiten (1-2 lange Läufe, 2 Tempoläufe), und dann geht es schon nach München. Letztes Jahr lief der Sieger 2:27, Platz 2 2:31, Platz 3 und Bayerischer Meister (nur) 2:35. 2017 (keine BM) Platz 1 in 2:27, Platz 2 in 2:29, Platz 3 in 2:33. Wenn das Feld diesmal ähnlich stark ist kann ich also hoffentlich auch in den Platzierungen vorne mitmischen!
Ich wünsche allen TGKlern frohes Training und eine gute Herbstsaison! Ich melde mich wieder aus München.
Resultate: https://www.scottishhalfmarathon.com/results/
Anm.Redaktion: Damit führt Johannes die Ewigen-Besten-Liste an---> https://laufteam.tg-kitzingen.de/news/bestenlisten-der-abteilung
01:10:12h entspricht 03.20m je km oder 18km/h.