Otmar Witzko 100 x 100 km

Otmar Witzko berichtet über sein sportliches Lebenswerk

Alles beginnt im Mai 1973. Bis dahin verbrachte ich wie die meisten 16jährigen meine Freizeit vor dem Fernseher. Dann zeigt mir mein Schwager das Prospekt eines Volkswandertages mit einer schönen Medaille als Auszeichnung und überredet mich zur Teilnahme. Es musste natürlich gleich die 20 km-Strecke sein. Marschierend und teils laufend kam ich völlig fertig ins Ziel. Zwei Wochen extremer Muskelkater war die Folge. Doch jetzt wollte ich es wissen und marschierte bzw. lief die nächsten 6 Jahre fast jedes Wochenende (Samstag u. Sonntag) jeweils die 20 km bis hin zu 40 km oder einmal einen 50 km-Marsch.

Dann, im September 1979 nahm ich mit einem Freund an einem Marsch über 2 x 40 km quer durch Luxemburg teil – und sahen die Ausschreibung zu einem 100 km-Marsch/Lauf in Belgien Anfang November. Als Auszeichnung sollte es eine herrliche Medaille nebst Stoffaufnäher geben. Und wir beschlossen, das probieren wir.

Gesagt, getan. An einem bitterkalten Freitagabend um 21:00 Uhr standen wir mit ca. 120 anderen „Verrückten“ am Start. Zeitlimit für die große Runde: 24 Stunden. Mal laufend, mal marschierend quälten wir uns durch die Nacht, den ganzen nächsten Tag und erreichten tatsächlich nach 19 ½ Std., wieder in der Dunkelheit, das Ziel. Zwischendurch musste ich – ob der Kälte - mein zweites Paar Socken als Handschuhe benutzen und zweimal in zu Kontrollen umfunktionierten Gaststätten ein Nickerchen machen. Als wir dann in der Jugendherberge übernachteten und am nächsten Morgen nur noch rückwärts die Treppe herabsteigen konnten - es folgten noch zwei Wochen totaler Muskelkater - beschloss ich:

  „100 km Todestour“ stand. Als er mir noch erzählte dass am Anfang dieses Laufes sechs schwarz gekleidete Kapuzenmänner einen Sarg mit einem Gerippe durch den Ort tragen und dieses dann am Ziel jeden höhnisch empfängt, da stand fest  dam u s s  gekrönt.

Dass ich die Hochzeitsreise nach Hawaii um ein halbes Jahr verschob, um damit einen meiner schönsten 100 km-Läufe quer durch die Insel zu verbinden, nahm mir meine Frau lange übel.

Erlebnisse gibt es viele, jeder Hunderter hat seine Geschichte. Hier ein paar Anekdoten:

-       Mercedes meines Vaters den Auspuff. Vorsichtshalber legten wir ihn in den Kofferraum. War auch gut so. Auf den noch 1.400 km hin bzw. zurück wurden wir viermal von der Polizei angehalten. Natürlich erzählten wir, dass wir ihn gerade verloren hätten.

-  Dann stand ein Hunderter in Dänemark auf dem Programm. Niemand wollte mit. Also trampte ich mit einem LKW-Fahrer abends los. Statt ein Nickerchen zu machen, sollte ich ihn wach halten. Dann ließ er mich kurz nach Hannover aussteigen. Weitertrampen. Ein PKW-Fahrer nahm mich mit, fuhr mit mir erst mal einen 150 km-Umweg über Bremen, zeigte mir dort den Hafen – er war Frachtkontrolleur – fuhr mich dann extra hinter Hamburg auf einen LKW-Parkplatz und fragte sogar noch bei den Fahrern durch, wer mich mit nach Dänemark nimmt – unglaublich!

- Der „Spartathlon“ am 28./29. Sept. in Griechenland. Ein Lauf über 246,3 km von Athen nach Sparta. Geht zurück auf die – mittlerweile erwiesene – Legende, dass vor ca. 2.500 Jahren ein gewisser Pheidippides von Athen nach Sparta geschickt wurde, um militärische Hilfe im Krieg gegen die Perser zu erbitten. Zu schaffen in 36 Std. – ohne auszuruhen, von Freitag früh um 7 Uhr bis Samstagabend um 19. Uhr. Der härteste non-stop-Lauf der Welt.

In der Regel kommt nur ein Drittel aller Starter an. Trotz harten Qualifikationsnormen: Nachweis über mind. 3 Hunderter unter 10 Std. oder mind. 180 km in einem 24 Std.-Lauf.

  -  100 km-Lauf. Unter den 100 Stück sind auch drei mit 110 km Länge sowie einer mit 125 und einer mit 150 km.

Bin auf allen 5 Kontinenten gelaufen: In Neuseeland ebenso wie in Japan, und als 25. Land letztes Jahr in Mexiko. 

Resümee: