Bericht von Johannes Arens
Mission erfüllt: Erster Platz in einer flotten Zeit! - so lässt sich mein Würzburg-Marathon 2019 zusammenfassen.
Ursprünglich wollte ich schon Ende April in London auf Bestzeitenjagd gehen, allerdings kamen mir Rückenbeschwerden dazwischen, die mich von Anfang Januar bis Anfang März läuferisch praktisch komplett außer Gefecht gesetzt haben. So legte ich stattdessen meinen Frühjahrsschwerpunkt mit einem zusätzlichen Vorbereitungsmonat auf meinen Heimatmarathon in Würzburg.
Da die Vorbereitung seit März gut lief und einige sehr solide Einheiten dabei waren (z.B. der London-Marathon als Trainingswettkampf in 2:57; ein Halbmarathon allein auf der Bahn in 1:14:40), wollte ich in Würzburg auf jeden Fall eine flotte Zeit anpeilen, und damit möglichst auch den Sieg. 2016 hatte ich dort schon einmal gewonnen, damals mit großem Vorsprung. Diesmal wusste ich dagegen, dass ich mit Titelverteidiger Marius Mayer starke Konkurrenz haben würde - erst vor wenigen Wochen war Marius beim Halbmarathon in Schweinfurt eine starke 1:12:30 gelaufen, was noch etwas schneller ist als meine Bestzeit (2015 auf derselben Strecke). Ich war also von vornherein auf einen harten Kampf eingestellt.
Zunächst gingen Marius und ich die Sache aber gemeinsam an, statt uns auf taktische Spielchen einzulassen, und spulten die ganze erste Hälfte nebeneinander herlaufend ab, mit einem flotten und sehr konstanten Tempo um 3:35 (10km in 35:50, Halbmarathon in 1:15:50), gelegentlich ein paar kurze Worte wechselnd, sodass der Zweikampf, bei allem Wettkampfcharakter, auch eine nette kameradschaftliche Seite gewann.
Dieses Bild der zwei Führenden, die im strahlenden Sonnenschein Schulter an Schulter lange Zeit nebeneinander herlaufen, erinnerte mich an den legendären "Ironwar" von 1989, als Mark Allen und Dave Scott beim Ironman Hawaii acht Stunden lang nebeneinander blieben (wie Marius mit Kappe und Sonnenbrille) - bis Mark Allen erst am letzten Anstieg davonzog, dem Sieg entgegen (siehe z.B. hier:
https://www.youtube.com/watch?v=IZaYY_AQ680 ab 15:25).
Natürlich nahm ich mir umgehend vor, heute möglichst die Rolle von Mark Allen einzunehmen! An den Wendepunkten konnten wir feststellen, dass uns nur ein anderer Läufer (Jürgen Mauritz) mit etwas Abstand (ca. 60 Sekunden beim Halbmarathon) auf den Fersen war, ansonsten hatten wir auf der ersten Hälfte noch etwas Abwechslung dadurch, dass wir nach und nach den Großteil der Halbmarathon-Führungsgruppe wieder einkassieren konnten - hätten wir nach der ersten Hälfte Schluss gemacht, wären Marius und ich immerhin auf Platz 3 und 4 eingelaufen!
Schließlich ging es auf die zweite Hälfte, jetzt nur noch Marius und ich, vor uns das Führungsfahrzeug, gelegentlich Sebastian Apfelbacher neben uns auf dem Rad, ein paar Photos schießend und einen lockeren Spruch auf den Lippen. Ich war schon etwas neugierig, wie sich das Rennen letztendlich entscheiden würde - würde Marius plötzlich angreifen? Sollte ich einfach versuchen, bis kurz vor Schluss bei ihm zu bleiben und es auf einen Schlussspurt ankommen lassen? Die Entscheidung kam dann eher unerwartet: Als ich bei Kilometer 28 feststellte, dass wir zuletzt etwas langsamer geworden waren (3:40-3:45/km), ich mich aber immer noch gut fühlte, beschloss ich kurzerhand, etwas auf die Tube zu drücken. Marius konnte oder wollte nicht folgen, und die nächsten paar km spulte ich in je ca. 3:30 ab.
Bald hatte ich ein paar hundert Meter Vorsprung, und genoss es, erstmals seit Längerem wieder bei einem großen Rennen in Führung zu liegen. Das kleine Zwischenhoch ging allerdings wieder vorbei, und ab ca. km 33 wurde das Rennen zunehmend zäher. Von einer neuen Bestzeit (2:31:37), bei km 30 noch in Reichweite, musste ich mich bald verabschieden. Das lag wohl nicht zuletzt an den warmen Temperaturen und der strahlenden Sonne, für die ich trotzdem dankbar war - ich laufe schon immer lieber in der Wärme, und mit Sommerwetter war die Stimmung an der Strecke natürlich auch besser. Unter den Zuschauern waren auch meine Frau Lorna und Lauf- und Schachfreund Thomas, die mich an verschiedenen Punkten abfingen, und bei km 40 standen auch meine Eltern am Streckenrand und feuerten mich an. Da auch Marius der Hitze Tribut zollen musste und nicht mehr näherkam, konnte ich das Rennen ohne zu großen Druck zu Ende laufen, und genoss es einfach, als Führender durch die Innenstadt zu laufen - auch wenn die Beine naturgemäß schon sehr müde waren.
Schlussendlich erreichte ich nach 2:34:20 Stunden das Ziel - ein großartiger Moment! Mein letztes gutes Rennen auf meiner Lieblingsstrecke Marathon lag schon eine ganze Weile zurück, und dann ist ein Sieg in der eigenen Geburtsstadt, zumal gegen starke Mitläufer wie Marius heute, natürlich immer etwas ganz Besonderes. Auch mit der Zeit bin ich, zumal angesichts der Wärme und der kurzen Vorbereitung, sehr zufrieden.
Als Hauptwettkampf für den Herbst peile ich nun die bayerische Marathon-Meisterschaft am 13. Oktober in München an. Wenn die Bayerische ähnlich stark besetzt ist wie in den letzten Jahren und ich meine jetzige Form halten oder (hofftentlich) noch ausbauen kann, sollte ich dort auf jeden Fall um die Treppchenplätze mitlaufen können. Und auch die sub-2:30, der ich nun schon seit Jahren hinterherlaufe, bleibt natürlich weiterhin ein großes Ziel!