Marathon Mumbai: Indiens größte Stadt laufend erleben!

Marathon Mumbai: Indiens größte Stadt laufend erleben!

Indien gehört schon immer zu meinen Lieblingsländern. Nachdem ich dieses Land schon auf vier Rucksackreisen in allen touristisch interessanten Regionen kennen gelernt habe, wollte ich es jetzt mit einem Marathon krönen und mal ganz relaxt angehen.

Da die zu dieser Jahreszeit in Süd-Indien herrschende hochsommerliche Hitze doch wenigstens eine gewisse Akklimatisierung erfordert, reiste ich bereits eine Woche vorher an und verbrachte 5 Tage an den Stränden Goas; natürlich gemixt mit verschiedenen Ausflügen. Zwei kleinere Trainingsläufe am frühen Morgen stimmten mich schon mal auf den zu nachtschlafender Zeit stattfindenden Start ein und trugen auch zur Bewältigung des Zeitunterschiedes von 4  1/2 Std. bei.

Samstagmorgen dann Ankunft in Mumbai. Noch schnell in das vorher gebuchte und gerade mal 600m von Start zum Ziel entfernte Hotel eingecheckt und ab zur Marathon-Expo. Ach ja, den Personalausweis nicht vergessen! Warum? Weil es ohne Vorlage der lD keine Startnummer gibt! Vielleicht sollte ich an dieser Stelle erwähnen, dass die Anmeldung zu einem Marathon noch nie - und Mumbai war immerhin mein 99. verschiedenster! - ein solches Procedere erforderte. Angefangen von den Geburtsdaten meiner Eltern (warum auch immer sie das wissen wollten !?!) bis hin zu meinem vorher eingescannten und in mühseliger Arbeit am PC verkleinerten Personalausweis (wäre mit Reisepass unmöglich gewesen), der dann auf dem dreiseitigen Anmeldeformular Plalz finden musste!

Also, Personalausweis eingepackt und in 40-minütiger U-/S-Bahn-Fahrt ans andere Ende von Mumbai. Nochmal 20 Minuten Fußmarsch durch Menschengewimmel mit andauerndem Fragen nach besagtem Shoppingcenter und weitere 10 Minuten durch den riesigen Komplex und ich stand an der Startnummernausgabe.

Jetzt ging alles ratz-fatz und ich merkte, da ist ein eingespieltes Team am Werk! Noch ein bisschen umgeschaut und zurück ins Hotel. Blieb nicht mehr viel Zeit, mir noch ein paar herrliche Tempelanlagen und einen unter UNESCO-Schutz stehenden Bahnhof anzuschauen. Jetzt noch schnell, zusammen mit zwei jungen Kerlen, die extra für den Marathon aus Delhi anreisten, eine Pasta reingezogen, alles für morgen herrichten und ab in die Falle. Ohne Klimaanlage und Ohrstöpsel wäre an Schlaf überhaupt nicht zu denken gewesen!

Um 4.15 Uhr reißt mich der Wecker aus meinem Tiefschlaf und eine Stunde später lasse ich mich im Gedränge zum Start schieben. Bei 20 Grad und hoher Luftfeuchtigkeit schwitze ich schon, bevor pünktlich um 5.40 Uhr - noch in der Dunkelheit - der Startschuss ertönt. Ca. 8.000 Läuferbeine setzen sich in Bewegung. Und ab jetzt komme ich aus dem Staunen nicht mehr heraus!!! Zug-Bremsläufer wie bei uns, Wasserstellen alle zwei Kilometer, Elektrolytgetränke und verschiedenes Obst alle 5 km. Hunderte, was sag ich, mehr als tausend junge Helferlnnen reichen jedem im Nebenherlaufen geöffnete 0,3 l-Wasserflaschen und alles andere zu.

Aber die Kulmination, was ich noch bei keinem Marathon je gesehen habe - und das jetzt in einem Entwicklungs-/Schwellenland: So gut wie keiner, außer mir und ein paar anderen Westlern, wirft etwas auf den Boden; die Inder entsorgen alles in den vielen am Rand aufgestellten Abfalltonnen! Und wenn sie dafür extra abbremsen müssen! Ich habe mich mittlerweile mit ca. 100 anderen der sub 4-Std.-Läuferin angeschlossen und komme gut in Fahrt.

Saufe, was das Zeug hält und schütte mir alle paar km Wasser über den Kopf oder greife mir einen Schwamm. Ja, und dann ab km 10 Stimmung pur! Es ist immer noch dunkel und doch stehen schon Tausende entlang der Strecke und feuern ununterbrochen an! Musikgruppen bzw. DJ's alle 5 km peitschen mit extrem lauter Technomusik die Läuferschar voran. Kurz nach km 17 (jeder km ist markiert) werde ich langsamer und muss abreißen lassen. Jetzt machen sich halt die 7 Wochen im Oktober/November ohne jegliches Training bemerkbar! Na ja, Zähne zusammen beißen und durch! Die Strecke, im Zentrum gestartet, führt nun auf schnurgeraden Straßen entlang des Indischen Ozeans in ärmlichere Gegenden. Lediglich hier ist das Interesse etwas geringer. Nach mehreren Wendepunkten mit Zwischenzeiterfassung (derer gab es Acht!) - und noch extra Aufpassern geht es jetzt auf welligem Terrain zurück Richtung Zentrum.

Mittlerweile heizt uns auch die Sonne ein! Nachdem ich die erste Hälfte doch in 1:59 Std. passiert habe, muss ich, wie die meisten,  jetzt bei km 35 eine Steigung, trotz noch so vieler Anfeuerungsrufe, gehend bewältigen.  Ich kämpfe mich, immer mit einem nassen Schwamm bewaffnet, weiter und überhole dann sogar noch bei km 40 das immer langsamer werdende sub4-Std.-Fähnchen, das mittlerweile von einem Mann getragen wird. Unter dem Beifall Tausender gebe ich auf dem letzten Kilometer alles und erreiche das Ziel total happy nach 4:03:40 Std. Immerhin belege ich damit in meiner AK M. 55 den 15. Rang (64 Finisher) und in der Gesamtwertung von 3.105 Finishern Platz Nr. 388 (Sollzeit auch hier 6 Stunden). Marathon Nr.99 mit der Startnummer 10.099 (hat mir der Veranstalter ausnahmsweise zugestanden) ist im Kasten! Auf Umwegen (alles rund um das Start-Zielgelände war rigoros abgesperrt) und einer halben Stunde

Fußmarsch gab's dann um 10.30 Uhr im Hotel noch ein verspätetes reichhaltiges Frühstück. Anschließend, wie fast nach jedem Lauf, zog ich mir noch ein paar Sehenswürdigkeiten rein. Zwecks Erholung hatte ich ja noch 5 Tage auf nahe gelegenen Malediven gebucht!

Resümee: Mumbai ist hart aber einzigartig!