Honolulu - Marathontraum in der Südsee (Bericht von Otmar Witzko)
Hawaii, alleine schon der Name, aber noch mehr die melodisch klingende Aussprache, wenn er über die Lippen der Einheimischen kommt, birgt Exotisches, suggeriert Südseefeeling. Doch bevor man das genießen kann, braucht es, wenn man wie meine zwei Freunde und ich alles selbst organisiert, ein gutes Stück Vorbereitung. Und dem Bewusstsein mit einem 17-stündigen Flug 25 ° Temperaturunterschied und 11 Stunden Zeitverschiebung zu verarbeiten.
Hier hatte ich einen Heimvorteil. Schließlich führte mich meine Hochzeitsreise vor knapp 30 Jahren hierher. Natürlich verbunden - wie sollte es bei einem Läufer mit Herz und Blut anders sein - mit einem meiner schönsten 100 km-Läufe quer durch Big Island, wie die Hauptinsel bei den Einheimischen genannt wird. Ich stellte also die Route zusammen und wir beschlossen drei der vier größten Inseln zu besuchen.
Der Flug mit Lufthansa mit Zwischenstopp in San Franzisco war schnell gebucht. Die drei Inselflüge von Oahu aus (hier befindet sich ja Honolulu) nach Kauai, weiter auf die größte Insel Hawaii selbst (nach der ja das ganze Archipel benannt ist) und wieder zurück nach Oahu erforderten schon etwas mehr Recherchen. Hawaiian Air legt die Preise nach den Abflugszeiten fest. Auch Mietwagen und Unterkünfte buchten wir Monate im voraus - die Preise gehen stetig nach oben.
Endlich, am 6.12. war es soweit. Drei Tage vor dem großen Event kamen wir um 22 Uhr im BEACH Waikiki Hostel, der billigsten Unterkunft in downtown und 300 m vom Ziel entfernt für 45 € p.P an. Zwei Tage Akklimatisierung sollten reichen. Eine Inselrundfahrt incl. dem berühmten Pearl Harbour und eine Badenachmittag am weltbekannten Waikiki Beach rundeten das Programm ab.
Sonntag Morgen um 3 Uhr klingelte uns der Wecker aus den Federn. Nach einem kleinen Frühstück, eine Angestellte hatte trotz nachtschlafender Zeit für die Teilnehmer schon Kaffee gekocht, machten wir los. Und trauten unseren Augen nicht als kurz nach 3:30 Uhr an der Hauptstraße Tausende LäuferInnen sahen, die auf einen Bus warteten. Der letzte Bus sollte bereits um 4 Uhr zum ca. 4 km entfernten Start fahren!!! Doch es war alles top organisiert. Zig Helfer und noch mehr Absperrbänder dirigierten die Masse zu den dann zehnerweise ankommenden Bussen.
Auch am Startgelände wurde der Läuferpulk zielgerichtet weiter geleitet. Schnell noch zum Startbanner vorgedrängelt, das obligatorische Foto gemacht und wir standen mit einer Wasserflasche ausgerüstet in unserem Startbereich. Spätestens jetzt wusste ich, Honolulu ist der größte japanische Marathon außerhalb Japans selbst. Sprecher in Japanisch und englisch heizten die Masse von innen auf. Von außen taten die hohe Luftfeuchtigkeit und die - noch gemäßigten Temperaturen von 18° ihr Übriges.
Punkt 5 Uhr dann der Startschuss, begleitet von einem gewaltigen Feuerwerk. Ich bekam Gänsehaut. Alles stürmte los. Ich ließ es langsam angehen. Wusste ich doch von der Streckenbesichtigung vom Tag vorher, es gibt nur Auf oder Ab, eben ist hier ein Fremdwort. Und meine abgenutzten Knorpel quittierten schnelles Bergablaufen sofort mit Schmerzen.
So staunte ich nicht schlecht, nach 10 - 15 Minuten doch seeehr übergewichtige Läufer zu überholen, die sich irgendwie reingedrängelt hatten. Sie pusteten jetzt schon, was das Zeug hält. Nach einer Stunde kam das Tageslicht und damit stiegen die Temperaturen. Der Läuferpulk quälte sich weiter gen Osten Richtung Diamond Hill. Eine lang gezogene Steigung ließ viele Läufer zum Marschierer mutieren. Dazu die Sonne von vorne, keine Abkühlung durch den Wind von hinten. Die Devise hieß trinken, trinken und nochmals trinken.
Die Wasserstellen alle 3 - 4 Meilen wurden gestürmt. Hunderte Helferhände reichten Becher was das Zeug hält. Auch ich schüttete rein, lutschte ab und an ein Gel, denn Gatorade gab es erst ab Meile 16. Die ersten, natürlich Kenianer, kommen mir bereits bei km 16 entgegen. Der Hin- und Rückweg ist ja mit Wendepunkt am Diamond Hill größtenteils identisch.
Ausschilderung in Meilen und km. Jetzt gings bergab, etwas Erholung war angesagt. Doch der zwar jetzt kühlende Wind von vorne wurde stärker und ließ auch mich bei einer lang gezogenen Steigung zum Geher werden. Aber der innere Schweinehund pushte mich, als eine zwar junge doch korpulente Läuferin vorbeizog. Das konnte ich nicht hinnehmen. Überholte sie mit meinem schnelleren Laufschritt bis zur nächsten Steigung. Ich marschierte, sie zog lächelnd, aber mit gleichmäßig langsamen Laufschritt wieder an mir vorbei. So duellierten wir uns bis km 37. Dann musste ich mir eingestehen, sie hat die bessere Kondition. Sagte ihr das dann und wünschte ihr ein gutes Durchkommen.
Meine drei „langen“ Läufe von 26 und 28 km waren halt doch zu wenig. So quälte ich mich jetzt, mit immer häufiger werdenden Gehpausen ins Ziel. In 4:32:07 Std. finishte ich diesen nicht einfach zu laufenden Marathon. Daran denkend, dass ich in meinen besten Zeiten auch solche wirklich harten Geräte wie Manila, Ho Chi Minh City oder Barbados unter 3:15 Std. gelaufen bin.
19.749 LäuferInnen, davon ca. 8.000 Japaner überquerten die Ziellinie dieses einmaligen Marathons ohne irgendwelche Sollzeiten. Die letzten mitten in der Nacht! Immerhin war ich gesamt 10.767er und erreichte in meiner Altersklasse Rang 108 von 981 Finishern. Marathon Nr. 7 in den Staaten, nach 12 Jahren „Enthaltsamkeit“ hier ist im Kasten. Las Vegas wartet .....
Bleibt noch zu sagen, dass wir anschließend zwei Tage auf er Garteninsel Kauai verbrachten und die vier Tage auf Hawaii selbst mit einem Rundflug um die Insel krönten
Foto 3 mit dem japanischen Paar: die haben gleich nach dem Marathon geheiratet.❤