Würzburg/Kitzingen Eigentlich war Karl Münzel, Jahrgang 1954 für das Laufen von langen Strecken schon immer prädestiniert, steckt doch in seinen Initialen K.M. der Begriff Kilometer (abgekürzt km). In Läuferkreisen wird er aber eigentlich immer nur „Charly“ genannt.
Also musste er ja irgendwann einmal zum Langstreckenlauf kommen. Dies sollte aber bis 1980 dauern, damals war er 26 Jahre alt.
Nach fast 29 Jahren im September erreichte der passionierte Ausdauersportler die für ihn magische 75.000 km-Grenze.
Das bedeutet, dass er fast zweimal den Äquator (Umfang cirka 40.075 km) im Laufschritt umrundet hat.
Mit der Akribie eines Buchhalters führt er seit 1980 seine Lauftagebücher mit genauen Aufzeichnungen über Streckenlänge, Laufgeschwindigkeit, Wetterangaben und Angaben über das körperliche Wohlbefinden. Seine Wettkämpfe werden zusätzlich noch schriftlich analysiert.
Dies war für ihn der Auslöser auch mit dem Langstreckenlauf zu beginnen. Im Januar 1980 begann er dann mit regelmäßigem Ausdauertraining, ohne aber zunächst einem Verein beizutreten.
Der gleichaltrige Kitzinger Langstreckenläufer und Marathontrainer Georg Will wurde auf Charly Münzel aufmerksam und es gelang ihm 1986, den vereinslosen Würzburger zur TG nach Kitzingen zu holen. Diesem Verein blieb er – abgesehen von einem kurzen Vereins-wechsel zur LAZ Obernburg-Miltenberg an den Untermain – bis heute treu. Georg Will, heute Abteilungsleiter des Laufteams der TG Kitzingen, läuft selbst noch leidenschaftlich gerne und hat sich als Veranstalter des Lebkuchenlaufes weit über die Grenzen Unterfrankens hinaus einen Namen gemacht.
Damals verfügte die Turngemeinde schon über einen starken Langstreckenkader mit Marathonläufern wie Bruno und Karl Helmer, Michael Weydt, Herbert Kutschera, Georg Will und dem Jungtalent Ulf Sengenberger. Wenig später kamen noch Werner Beuschel,
Stefan Schüppel, Werner Kreisel und Adelbert Rickel dazu.
Die City-Marathons steckten damals noch in den Kinderschuhen und erlebten in den 80-iger Jahren ihren ersten Boom.
Bei seinem Marathondebüt, dem Hoechst-Marathon 1985 lief Münzel in Frankfurt/Main auf Anhieb in 3:13 Stunden. Start war damals vor den Fabriktoren der Firma Hoechst, die gleichzeitig Hauptsponsor war. Beim ersten Hanse-Marathon in Hamburg 1986 (es war sein erster Marathon im TGK-Vereinstrikot) unterbot er in 2:57 Stunden gleich die magische 3-Stunden-Schallmauer, was ihm in den Folgejahren noch mehrmals gelang.
Radsport als Ergänzung zum Laufen
1984 wurde Charly Münzel Mitglied im Radsportverein der „Solidarität“ Rimpar und betreibt seitdem parallel zum Laufen Radsport als Ergänzung. Radfahren ist für ihn bis heute immer eine wichtige Alternative zum Laufen, vor allem auch aus orthopädischen Gründen (Entlastung des Bewegungsapparates bei langen Ausdauereinheiten). Im Sommer sucht Münzel mit Vereinskollegen nach wie vor die Herausforderungen im hochalpinen Bereich. Über
50 Alpenpässe hat er inzwischen mit dem Rennrad überquert, darunter die höchsten Passstraßen in Frankreich, den Col de la Bonette (2.802 m), in Italien das Stilfser Joch (2.757 m), in Österreich die Großglockner Hochalpenstraße (2.576 m) und in der Schweiz den Nufenenpaß (2.478 m).
Von seinen Radmarathons war 1992 der Langstreckenklassiker in Norwegen von Trondheim nach Oslo über 555 km der längste, den er je erfolgreich absolvierte.
Immer im Schatten des Bruders Wolfgang
Oft wurde der ambitionierte Breitensportler und Hobbyläufer, der immerhin eine 10-km Bestzeit von 35:43 min. 1989 erzielte, an seinem Bruder Wolfgang gemessen, der allerdings Laufen als Hochleistungssport betrieb. Viele Jahre war der Bruder - wie schon erwähnt - deutsche Spitze im Straßen- und Crosslauf und sogar Weltklasse im Berglauf (u.a. 3.u.4. bei Berglauf-Weltmeister-
schaften). Er ist immer noch aktiv und im DLV und Weltverband für Berglauf als Funktionär ehrenamtlich tätig.
Neidisch auf die großen Erfolge war Charly seinem Bruder aber nie: „Wolfgang ist einfach ein Ausnahmetalent und hat mich eher motiviert, noch härter an mir zu arbeiten“.
Persönliche Bilanz
Von seinen bisher gelaufenen 75.000 Gesamt-km waren fast genau 5.000 davon Wettkampf-Kilometer, die er in 350 Rennen zurücklegte.
Über 100 Wettkämpfe lief er ab der Halbmarathondistanz von 21,1 km und länger (darunter 34 Marathons).
Seit 1995 hält er zusammen mit Jörg Teiche und Werner Beuschel immer noch den Vereinsrekord im Halbmarathon in der Dreier-Team-Wertung in der Zeit von 3:57:09 Stunden. Diese Rekordmarke wurde in Bad Brückenau aufgestellt.
Seine Lieblingsstrecke war die 25 km-Distanz, die bis Anfang der 90-iger Jahre auch Deutsche Meisterschaftstrecke war und dann von der Halbmarathondistanz abgelöst wurde. Als Marathonvorbereitung war gerade diese Distanz für ihn ideal zur Formüberprüfung.
10x lief er diese Strecke in 1:40 Stunden (=4:00min/1.000m) und schneller.
Laufen im Alter
Natürlich tickt bei ihm nach drei Jahrzehnten Wettkampfsport auch die biologische Uhr. Aber das Älterwerden und den damit verbundenen Abbau seines Leistungsvermögens findet er normal und natürlich. „Vergleiche ich meine aktuelle 10 km-Zeit (46:00 min.) mit den Zeiten von vor 20 Jahren, so bin ich etwa 10 Minuten langsamer“ meint Münzel zum Thema Schnelligkeit.
Andere Athleten im gleichen Alter holen das letzte aus sich heraus,
was der TGK-ler einfach nicht mehr macht und für ungesund hält.
Er kennt viele Spezies älterer Läufer, die es gnadenlos mit dem Ehrgeiz übertreiben. Die ihren Muskeln und Gelenken viel zuviel zumuten und sich dann fit spritzen lassen, die die von Jahr zu Jahr länger werdenden Erholungszeiten nicht einhalten (weil der Senioren-Bezirksmeistertitel sonst vielleicht einem anderen winkt), die sogar mit Infekt laufen und sämtliche Signale des Körpers ignorieren, wenn sie ein anderer überholt.
Im Alter spielt die Trainingsdosierung und Regeneration die entscheidende Rolle, die Erholungszeiten werden immer länger.
Weil sich Münzel an diese Regel hält, blieb er auch weitgehend von Verletzungen verschont.
Viele Läufer, die er seit Anfang der 80-iger Jahren kennt, haben den Laufsport schon aufgegeben, weil sie die Trainingsumfänge und Wettkampfintensität einfach übertrieben haben und dann dauerhaft verletzt waren. „Wenn ich heute noch an der Startlinie stehe, habe ich schon alle Konkurrenten besiegt, die nicht mehr antreten können“, stellt Münzel hierzu nüchtern fest.
Marathon-Highlights und Teilnahme an außergewöhnlichen Wettkämpfen
Auf viele schöne und interessante Laufreisen kann der Globetrotter
zurückblicken. Dabei haben ihm die Gruppenreisen mit den Marathonkollegen der Turngemeinde am besten gefallen.
An folgenden außergewöhnlichen Marathons hat er bisher teilgenommen:
2x Boston-Marathon ältester und traditionsreichster Marathon der Neuzeit
4x New York City-Marathon bekanntester und spektakulärster City-Marathon durch alle fünf Stadtbezirke
2x Berlin-Marathon größter und schnellster deutscher Marathon vor und nach der Wende gelaufen
1x EURASIA-Marathon kontinentübergreifender Marathon in der Türkei Europa-Asien über zwei Bosporus-Brücken
1x Detroit-Marathon länderübergreifender Marathon von Windsor Kanada nach Detroit USA
1x Tiberias-Marathon am tiefsten gelegener Marathon (unter dem Meeresspiegel) entlang des Sees Genezareth in Israel
1x Tromsö-Marathon im mittleren Polarkreis in Norwegen, Lauf um Mitternacht zur Sommersonnenwende
Der Staffellauf 1995 mit neun Vereinskollegen der Turngemeinde von Montevarchi (italienische Partnerstadt in der Toscana) nach Kitzingen in einer Woche über eine Distanz von 1.250 km quer über die Alpen im Rahmen der 1250-Jahr-Feier wird Münzel unvergessen bleiben. „Wir sind damals an sieben Tagen einen 4:22 min. Schnitt pro 1.000 m gelaufen, was einer Laufgeschwindigkeit von fast 14 km/h entspricht“, einfach Wahnsinn erinnert er sich ganz stolz.
Ziele in Zukunft
„Im nächsten Jahr starte ich in der neuen Alterskasse M55. Dies motiviert mich noch einmal zusätzlich. Außerdem möchte ich den Mulhacen in der Sierra Nevada/Andalusien mit dem Rennrad bezwingen. Dort befindet sich die höchste Passstraße Europas in etwa 3.400m Höhe“ und die fehlt noch in meiner Sammlung“,
Das Motto von Münzel, der seit 1979 (also genau so lange wie Uli Hoeness Manager beim FC Bayern ist) als Industriekaufmann in einem der weltweit größten deutschen Energiekonzerne arbeitet,
lautet: „Gesund zu bleiben durch Ausdauersport und sparsam mit meiner Energie umzugehen, damit sie noch lange reicht“.
Denn Laufen ist nach wie vor für ihn ein hervorragender Ausgleich zu seiner überwiegend sitzenden Tätigkeit im Büro. Längst ist das Laufen
für ihn auch zum Lebensinhalt geworden.
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