Mein erster Marathon -WürzburgMarathon 13.05.2018-

Geschafft – im doppelten Sinne

Ich schreibe einfach mal diesen Bericht, obwohl ich natürlich bei Weitem nicht zu unseren Spitzenläufern zähle. Ähnlich wie bei Biggi (s. Artikel zum Hamburg Marathon) war auch für mich alleine schon die Vorstellung absurd, einen kompletten Marathon zu laufen. Zwar laufe ich regelmäßig 30 bis 40 km die Woche (an 3 Terminen) oder auch mal 50 bis 60 km (in einer Urlaubswoche), aber vor 42 km hatte ich trotzdem einen Heidenrespekt.

So ab Februar verfestigte sich dann aber doch der Gedanke, dass es zumindest eine Option sein könnte. Der Gedächtnislauf in Würzburg bis Karlstadt (28 km) am 17.03.2018 erschien mir dazu eine gute Zwischenetappe zu sein. Da Werner bereits als Pacemaker für 4:30 h beim Marathon eingeschrieben war, hätte ich mir auch schon die nötige Routine und Erfahrung „eingekauft“.

Folglich habe ich mein Wochenlaufpensum gesteigert und mir auch ein Gewichtsziel gesetzt, welches ich durch Intervallfasten zu erreichen hoffte. Nach 12 Wochen „5:2“ (d.h. an 2 nicht zusammenhängenden Wochentagen weniger als 600 kcal) hatte ich immerhin 6 kg an Gewicht verloren. Ursprünglich sollten es noch 2 kg sein aus Angst um meine Knochen und Gelenke, aber gut.

Über Ostern (29.03. bis 05.04.) bin ich dann insgesamt 80 km gelaufen. Danach habe ich dann an jedem Wochenende einen längeren Lauf (zwischen 20 und 30 km) absolviert. Werktags standen Intervallläufe (abschnittsweise 4:30 min/km) sowie Bahnläufe im avisierten Marathontempo auf dem Programm.

Am Vortag sind die Beuschels und ich ins Kongresszentrum nach Würzburg gefahren, um die Startnummern abzuholen. Bei der Gelegenheit konnten wir uns die Messe ansehen, noch Equipment kaufen (bei Jan) und an der Nudelparty teilnehmen. Am frühen Abend ging es noch in den sehr empfehlenswerten Marathongottesdienst (Pfarrer läuft den Marathon auch, spielt selber Gitarre und wird auf der Cajón (Kistentrommel) begleitet).

Am Sonntag früh musste ich dann um 05:30 Uhr aufstehen, eine Kleinigkeit essen und fertigmachen. Abfahrt bei Beuschels war um 06:30 Uhr. Wir (Werner und ich) stellten uns gegen dreiviertel neun brav im Block C auf, wobei uns Andrea und Erika begleiteten, die den Halbmarathon mit 2:15 h anpeilten. Ich übernahm das klein bedruckte Pacemaker-Armband mit den Zwischenzeiten der Kilometer von Werner, da er es nicht richtig lesen konnte. Werner war also die Lunge und die Beine und ich war das Auge. Der dritte Startschuss für Block C fiel dann um 09:10 Uhr und es ging endlich los.

Es werden für den Marathon zwei nahezu identische Runden gelaufen (Weiche nach Runde 1, weil die Halbmarathonis hier ins Ziel am CCW zurücklaufen konnten/durften). Die Streckenführung insbesondere in der Zellerau, der Sanderau und der Altstadt ist etwas konfus, aber das bekam ich im Pulk während der 1. Runde kaum mit. Wir kamen gut raus und lagen oftmals perfekt in der Zeit. Die Streckenmarkierungen waren immer eindeutig und es gab reichlich Verpflegungsstationen und Musikdarbietungen (Samba-Gruppen, Bands, DJs).

Im Laufe von Runde 1 ließ zunächst Erika und später auch Andrea abreißen. Ich fühlte mich gut und konnte speziell die Stimmung in der Altstadt genießen. Ab der Weiche zu Runde 2 wurde es dann schlagartig sehr still, da die Halbmarathonis ausgestiegen waren und somit nur noch 20 % der Teilnehmer weiterlaufen. Besonders in der Zellerau freute man sich über die vereinzelten Anfeuerungen. Besonders loben möchte ich an dieser Stelle die Verpflegungstation am Kloster Himmelpforten, die anscheinend von Grundschul- und Kindergartenkindern betreut wurde. Als ich hier um die Ecke bog, wurde ich mit tosendem Applaus, Anfeuerungsrufen und Durchhalteparolen begrüßt und die Kleinsten freuten sich, einem die Getränke anzureichen. Das war auf der gesamten Strecke die wuseligste und lauteste Verpflegungsstelle.

Nach der Zellerau ging es dann wieder am Main entlang in Richtung Heidingsfeld bis zum Neubert (die Band dort sowie der DJ/Entertainer ein Stück davor gefielen mir auch beide gut). Ich bemerkte, dass ich auch bei 30 km noch gut drauf war (so viel war ich bis dato ja nie gelaufen). Werner sagte mir im Nachhinnein, dass ich da sogar etwas frech wurde tempomäßig. Die Rechnung folgte sozusagen auf dem Fuße. Ab km 35 musste ich dann wirklich beißen, weil meine Leistungsfähigkeit plötzlich rapide runter ging (ggf. war es die Stoffwechselumstellung oder einfach die ungewohnte Belastung). Wir hatten im Vorfeld 3 bis 4 Minuten Puffer rausgelaufen, da Werner mit einem Einbruch bei steigenden Temperaturen in der 2. Runde rechnete. Ich berappelte mich aber in den nächsten 1 bis 2 Kilometern und zusammen liefen wir es nur etwas langsamer gut weiter durch. Als dann km 40 „gefressen“ war, hatten wir „das Ding im Kasten.“ (Zitat Werner). Der Zieleinlauf war dann unter 4:27 h. Ich war platt aber glücklich und bin weiter gelaufen, so dass Werner mich darauf aufmerksam machen musste, dass wir jetzt stoppen können.

Mein Dank gilt Werner fürs Ziehen, alle wertvollen Tipps undHinweise sowie die Organisation. Ich danke Anita für die Verpflegung im Ziel und ich danke allen, die mich als Streckenposten oder Zuschauer angefeuert haben.

Im Ziel war ich auch nach 5 (!) alkoholfreien Bieren immer noch weit entfernt von der Notwendigkeit, auf Toilette gehen zu müssen. Während des Rennens habe ich ab km 10 mit dem Trinken/Abkühlen begonnen. Ab km 30 durfte es auch gerne zusätzlich Iso oder sogar Cola sein. Wenn man „erst“ mit einer solchen Zeit ins Ziel kommt, ist das Gedränge überschaubar und die Duschen sind leer. Leider war auch die Verpflegung ziemlich leergefegt (aber Ati hatte uns etwas beiseite geschafft) und die Physios bauten bereits wieder ab. Werner konnte mit all seinem Charme sowie Pacer-Autorität zwei junge Auszubildende dazu überreden, uns noch zu massieren. Das tat auch wirklich gut.

Direkt nach dem Lauf hatte ich keinen Appetit, aber am Abend in einer Häcker-Wirtschaft konnte ich dann alle Speicher wieder auffüllen und die Schmerzen mit Wein betäuben. Am Tag 1 danach tuen mir die Beine mächtig weh und ich meide Treppensteigen. Blasen oder sonstige Blessuren habe ich jedoch nicht. Knie und Hüfte machen keine Beschwerden. Am Montagabend konnte ich bereits am Sickergrund 5 km locker auslaufen. Dienstag waren die Schmerzen schon weniger und am Mittwoch war ich sozusagen wieder beschwerdefrei, ggf. etwas träge und nicht so reaktionsschnell.

Ach so wieso eigentlich dieser Titel?

Ich habe es geschafft -> Freude, Stolz

Ich bin aber auch geschafft -> Erschöpfung, Schmerzen

Ich könnte mir vorstellen, diese Distanz zu wiederholen, allerdings nicht in den nächsten 3 Monaten.

Die Fotos habe ich aus den 12 Fotostrecken à 300 Bilder bei MAINDing im Netz rausgesucht. Das hat 2 Stunden gedauert, aber leider konnte ich nicht alle Teilnehmer identifizieren. Ob ich mir meine (und oft auch mit Werner) digitalen Fotos kostenpflichtig bestelle, weiß ich noch nicht. Der Preis ist schon happig, allerdings beim 1. Marathon?

Fotos: Main-Ding.de

Sebastian Roger