Frühjahrs-Highlight für Johannes Arens

von Johannes Arens

Mit gemischten, aber überwiegend positiven Gefühlen kann ich auf den Würzburg-Marathon 2015 zurückblicken: Mein Ziel, die 2:30 zu knacken, habe ich zwar deutlich verfehlt. Dafür war ich aber Zweiter im Gesamteinlauf und bester Deutscher. Zudem bin ich froh, nach längerer Zwangspause überhaupt wieder einen Marathon beendet zu haben.

Die Vorbereitung verlief insgesamt passabel, wie ich mit einer 1:12-HM-Bestleistung in Schweinfurt zeigen konnte, auch wenn die Umfänge von ca. 100km/Woche noch ausbaufähig sind. Sorgen machten leider immer wieder die Knie und v.a. die Hüfte, welche mich noch sechs Tage vor dem Marathon zum humpelnden Trainingsabbruch gezwungen hatte.

Dankenswerterweise kam Sportsfreund Constantin extra aus Tübingen angeradelt (!), um als Radbegleiter mit von der Partie zu sein. An der Strecke standen zudem noch mein Vater sowie Thomas und Dominik von meinem SC (Schachclub!) Prichsenstadt. Das Wetter war perfekt – wolkig, trocken, 14 Grad. Beste Bedingungen also, um ehrgeizig die 2:30 anzugreifen – wenn nur der Körper, vor allem die Gelenke mitmachen!

Im Startblock ein Blick auf die Konkurrenz, schon beim ersten Blick anhand der weißen oder schwarzen Startnummern als Halb- oder Vollmarathonläufer zu identifizieren  – wie erwartet ein Ostafrikaner, dem der Sieg kaum zu nehmen sein dürfte. Daneben die drei jungen Eritreer, die schon kürzlich beim Residenzlauf für Furore gesorgt haben und nun erstmals einen Halbmarathon laufen. Ab dem Startschuss ging dieses Dreiergespann das Rennen denn auch in einem Höllentempo an, das sie unmöglich würden halten können. Ich ließ sie und auch den Äthiopier entschwinden, und schloss mich zunächst einer kleinen Gruppe aus Halbmarathonläufern an, darunter auch den zwei schnellsten Frauen. Der erste km war in 3:26 etwas zu schnell, also ließ ich bald auch diese Gruppe ziehen. Genau wie geplant pendelte ich mich auf Kilometer um 3:30 ein, mit perfekten 35:11 nach 10 km. Ganz so locker wie gewünscht lief es sich dabei aber nicht, und ganz, ganz langsam – Schritt für Schritt eben – meldete sich auch wie befürchtet die „Problemhüfte“. Erleichtert wurde das Rennen zwischenzeitlich, als ich einige km zusammen mit einem der jungen Eritreer absolvieren konnte, der sich trotz offensichtlicher Erschöpfung nicht überholen lassen wollte und letztlich einen starken 3. Platz im HM erreichte. Glückwunsch! Mit solidem Vorsprung auf den nächsten Deutschen passierte ich die Halbmarathonmarke in 1:14:31 - auch noch voll im Plan. Zuschauerunterstützung war abschnittsweise gar nicht vorhanden, an einigen Stellen am Main und in der Innenstadt aber auch großartig.

Auf der zweiten Hälfte wurde es zunehmend zäher, auch wenn das Tempo zunächst noch passte. Constantins Aufmunterungen waren hier sehr hilfreich, ebenso wie seine konkreten, fachmännischen Anweisungen – „Arme nicht fallenlassen!“, „Dein rechter Fuß geht nach außen“, „Kurven eng laufen“, „Hüfte durchdrücken!“, „Rechter Fuß wieder!“.  Anders als gemeinhin angenommen, ist die Laufbewegung nämlich doch keine so triviale Sache (zumindest nicht für uns Wohlstandseuropäer!), und gerade mein Stil ist noch alles andere als ideal.

Ab km 30 – mit 1:46:39 auch noch im sub-2:30-Plan – kam dann der drastische Einbruch. Hüfte und Rücken machten dicht, und hatten wohl auch vorher schon viel Kraft gekostet. Nun war es mit der Leichtigkeit endgültig dahin, und das Tempo nahm dramatisch ab. Hatte ich mich gerade noch über einen km in 3:40 geärgert, konnte ich bald nicht einmal mehr unter 4min/km laufen. Die letzten Kilometer waren ein einziges Elend, mein Fortkommen reduziert auf ein Jogging-Tempo von knapp unter 5min/km. Im Rennen hielten mich hier vor allem die Anfeuerungen von Constantin und Thomas, sowie die von ihnen übermittelte wertvolle Info, dass ich immer noch einen guten Vorsprung auf den nächsten Deutschen hatte. Die Zeit mag im Eimer sein, die Platzierung werde ich mir aber nicht mehr nehmen lassen! Einen weiteren Schub gab es durch ein Energiegetränk, geistesgegenwärtig angereicht von Jan vor seinem Sportgeschäft in der Semmelstraße.

Überholt wurde ich nur noch von der ersten (äthiopischen) Frau, die bei km 38 an mir vorbeirauschte. Unvorstellbar zu diesem Zeitpunkt, dass ich auch irgendwann Mal (noch vor 20 Minuten, genauer gesagt) ein solches Tempo zu laufen in der Lage war… Nach 2:37:21 war das Ziel dann endlich erreicht – unfassbare acht Minuten habe ich auf den letzten 12 km noch verloren…

Im Ziel überwog dann aber klar die Freude über die tolle Platzierung, zumal ich, anders als nach einem solchen Rennverlauf zu befürchten, offenbar keine ernsthaften Verletzungen davongetragen hatte. Nach der Siegerehrung als Zweiter im Gesamteinlauf (mit 17 Minuten Rückstand) und bester Deutscher (mit vier Minuten Vorsprung) ging es dann noch mit meinen Begleitern in ein Cafe auf einen wohlverdienten Apfelstrudel – der ganz große Appetit auf substantiellere Nahrung kommt, wie andere Marathonläufer schon erlebt haben dürften, dann erst einige Stunden später. Am nächsten Morgen ging es schon wieder schnellstens zurück nach Glasgow, um rechtzeitig für eine Russischklusur an der Uni zu sein.

Damit habe ich mir also den schon seit einigen Jahren gehegten Traum erfüllt,  bei meinem „Heimatmarathon“ in Würzburg als bester Deutscher ins Ziel zu kommen. Zugleich schließt sich so ein Kreis, da ich an gleichem Orte anno 2008, gerade 18 geworden, meinen allerersten Marathon lief. Mit einer Zielzeit von 3:42 konnte ich damals hochzufrieden sein. Die Zeiten – im doppelten Sinne – ändern sich!

Von diesem Rennen kann ich einiges lernen. Insbesondere einen gesteigerten Respekt vor den mythischen 42,195 Kilometern, sowie den Willen dazu, das Training, inklusive Verletzungsprävention und Ernährung, noch einen Zacken ernsthafter und zielstrebiger anzugehen.

 

An dieser Stelle auch Glückwunsch an Sebastian und Werner für ihre starken Leistungen als "Kamera-Läufer" mit der offiziellen GoPro bzw. Zug- und Bremsäufer beim Marathon.
Meine Glückwünsche erstrecken sich natürlich auch auf unsere Halb- und 10km-Läufer Christian, Rainer, Johanna und Claudia.