Bilstein Ultramarathon 66km -17.04.2016-

Bilstein Ultramarathon am 17. April 2016                             von Daniela Auer
 
Zum Bilstein Ultramarathon, der jedes Jahr im nordhessischen Dorf Kleinalmerode ausgetragen wird, kam ich eher zufällig. Eine Bekannte erwähnte ihn im letzten Jahr, und da mir sowohl das Datum als auch die Streckenlänge und die Höhenmeter sehr zusagten, meldete ich mich kurzerhand an. Neben dem Ultramarathon werden auch jedes Jahr ein Marathon, ein Halbmarathon sowie ein Wandermarathon ausgetragen. Normalerweise ist der Ultra auch nur circa 54 km lang, da in diesem Jahr aber gleichzeitig die deutschen Meisterschaften im Ultratrail der DUV ausgetragen wurden, wurde die Strecke auf 65 km verlängert. Der Lauf war daher auch schon bald ausverkauft und das Starterfeld dementsprechend prominent besetzt. Deswegen machte ich mir auch keine Hoffnungen auf einen Podestplatz in meiner Altersklasse, zumal auch alle Frauen unter 35 eine einzige AK bildeten. Stattdessen war es mein Ziel, ohne Verletzungen und größere Einbrüche zu finishen, idealerweise in einer Zeit von unter 8 Stunden. Es fiel mir ein bisschen schwer, mich auf ein Zeitziel festzulegen. Mein Training war zwar gut verlaufen, aber bei einem Ultratrail kommen auch noch andere Faktoren ins Spiel, wie Beschaffenheit der Wege, Steilheit der An- und Abstiege usw.
 
Ich reiste schon am Samstagnachmittag an. Da es in Kleinalmerode selbst keine Unterkunft gab, kam ich in der 6 km entfernten Stadt Witzenhausen unter. Der Start für den Ultra war am Sonntag um 8.00 Uhr, nachdem die Wanderer bereits um 7.30 Uhr auf die Strecke geschickt wurden. Es war kalt und regnete leicht, sodass ich nach Abholen meiner Startunterlagen noch einmal ins Auto stieg und dort wartete. Für die Ultraläufer gab es für das Startgeld ein T-Shirt, eine Trinkflasche, allerhand nützliche Proben und eine Runners-World sowie eine Top-Verpflegung auf der Strecke und im Ziel – wovon sich manch andere größere Laufveranstaltung durchaus eine Scheibe abschneiden kann ;) .
 
In der Woche vorher hatte ich täglich das Wetter geprüft. Es war am Morgen noch leichter Regen gemeldet, der im Laufe des Tages aber verschwinden sollte. Daher entschied ich mich, ohne Regenjacke zu starten. Fröstelnd am Start bereute ich es aber schon fast, da fast jeder eine Jacke trug und mich der freundliche Parkplatzanweiser schon gewarnt hatte, dass es auf dem Gipfel des Bilstein, den wir bei Kilometer 52 erklimmen sollten, Schnee geben könnte. Wenigstens hatte ich Handschuhe dabei.
 
Der Veranstalter und der Präsident der Deutschen Ultramarathon-Vereinigung hielten noch eine kurze Ansprache, in der die Streckenmarkierungen usw. erklärt wurden, und dann ging es los. Zum Klang der Kirchenglocken liefen wir aus dem Dorf hinaus, auf einem schmalen Landwirtschaftsweg. Es ging noch recht eng zu, da jeder der rund 250 Teilnehmer versuchte, seinen Platz im Feld zu finden. Das komplette Feld lief auch recht schnell, sodass es am Anfang kein entspanntes Laufen war. Vor mir rannte ein Teilnehmer mit Hund, einem Jack-Russel-Terrier mit krummen Beinchen, der tatsächlich den kompletten Trail absolvierte- unter 8 Stunden! Leider lief mir der Hund immer wieder vor die Beine, was gerade am Anfang im engen Feld und bei der hohen Geschwindigkeit, besonders bergab, ein bisschen problematisch war. Zum Glück zog sich das Feld dann auseinander.
 
Schon bald ging es in den Wald hinein und die ersten Anstiege warteten auf uns. Alle rannten wie bekloppt den Berg hoch und ich ließ mich mitziehen. Auf jeden Anstieg wartete auch wieder ein Gefälle, das man schön hinunter preschen konnte… Noch lief das ganz gut. Doch schon bald machten sich meine Beine bemerkbar, denen das Tempo gar nicht gefiel. Glücklicherweise hatte ich aus meinen Fehlern beim Saaletal-Marathon gelernt und ich verlangsamte meine Geschwindigkeit deutlich. Eine gute Entscheidung :)
 
Bei Kilometer 10 ging es einen kurzen aber knackigen Anstieg hoch, mit einigen Stufen, vorbei an einer Ruine im Wald. Das brachte mich schon ein bisschen zum Schnaufen. Vom Regen in den vergangen Tagen war der Boden sehr stark aufgeweicht und es gab jede Menge Matsch. Bei Kilometer 13 liefen wir wieder durch Kleinalmerode, vorbei am Parkplatz. Zum Glück war die Versuchung, ins Auto zu steigen, noch nicht so groß J
Meine Beine waren schon schwerer als erhofft und ich nahm weiter Tempo raus. Es ging wieder hinein in den Wald. Der erste große Anstieg folgte. Er war nicht besonders steil, aber lang. Bis Kilometer 20 ging es stetig bergauf. Teilweise waren die Waldwege von Bauarbeiten für einen Windpark im Wald stark zerfahren und uneben, was das Laufen erschwerte. Das verlangsamte Tempo war allerdings gut für meinen Kopf und für meine Beine, und ich hatte wieder Kraft. Und bald ging es wieder bergab. Zunächst auf Waldwegen und dann endlich auf einem richtigen Single-Trail, der von den vielen Läufern vor uns und vom Regen schon sehr mitgenommen und dementsprechend schlammig war. Glücklicherweise liefen direkt vor mir zwei andere Teilnehmer, an denen ich mich orientieren konnte – ich trat einfach dahin, wo sie hin traten. Nach circa 2 Kilometern waren wir dann wieder auf einem breiteren Weg und es ging weiter nach unten.
 
Bei Kilometer 32 folgte dann unerwartet ein richtiges Steilstück. Hier krochen wir im Schneckentempo den Berg hoch. Ich hatte immer einen Blick auf die Uhr und auf mein Durchschnittstempo. Mein Wunschziel war es, eine Pace von 7 Minuten pro Kilometer im Durchschnitt zu halten. Die langsamen Gehpassagen konnte ich meistens bergab wieder ausgleichen, es durften nur keine längeren Gehabschnitte kommen. Zum Glück war der steile Anstieg bald vorbei und es ging nur noch mäßig bergauf. Hinein in den Wald und ab auf schöne, moosige, von Wurzeln durchzogene Trails. Ab und zu musste man über Schlammlöcher springen. Auch hier ging ich wieder ein Stück, um Kraft zu sparen. Ein paar Läufer überholten mich und einer fragte, ob es mir gut ginge. Das ist das besondere an Trail- und Ultraläufen: die Teilnehmer kümmern sich um einander. Nach ein paar Stunden wechselt man mit jedem, den man überholt, ein Wort oder auch nur ein Lächeln.
Es gab regelmäßig gut bestückte Verpflegungsstationen, an denen ich mir jedes Mal einen halben Becher Cola mit Wasser mischte. Außerdem gab es Kekse, Waffeln, Energieriegel und Gels. Eigentlich war meine Eigenverpflegung komplett überflüssig.
 
Mein Plan, öfters mal Gehpausen einzulegen, um Kraft zu sparen, ging gut auf. Von Kilometer 38 bis 46 liefen wir wieder einen scheinbar endlosen Waldweg bergab und ich fühlte mich sehr gut dabei. Auf diesem Teilstück zog sich das Feld sehr auseinander und ich war manchmal komplett alleine. Ich traf irgendwann eine Joggerin, die keine Teilnehmerin war, und unterhielt mich ein bisschen mit ihr. Dann trennten sich unsere Wege wieder und ich musste einen kleinen Bach durchqueren. Anschließend wartete schon die nächste Verpflegungsstation und direkt nach ihr der lange, gefürchtete Aufstieg zum Bilstein.
 
45 Kilometer gelaufen, noch 20 Kilometer vor uns… das klang eigentlich nicht schlecht. Anfangs war der Anstieg noch relativ mäßig und gut laufbar, dann wurde es steiler. Ich entschied mich, eine alte Taktik anzuwenden, die ich schon öfter trainiert hatte: 100 Schritte Laufen und 50 Schritte Gehen abwechselnd. Im Allgäu war das aufgrund der Steilheit der Anstiege nicht umsetzbar gewesen, aber hier bot es sich an. Und ich kam gut damit voran. Kilometer um Kilometer kämpfte ich mich den Berg hoch und überholte dabei ein paar Teilnehmer, was natürlich kein schlechtes Gefühl war. Es kam noch eine Verpflegungsstation, wo uns versichert wurde, dass der Gipfel nicht mehr weit sei. Dennoch zog es sich hin und die letzten 300 Meter musste ich dann komplett gehen. Zu unserer Überraschung spielte eine Blaskappelle eisern und einsam auf dem Gipfel für uns Teilnehmer. Sonst gab es dort außer einem Aussichtsturm und einer Hütte nicht viel. Also hielt ich mich nicht lange auf und machte mich schnell wieder an den Abstieg auf der anderen Seite. Zunächst einen steinigen Pfad entlang und dann wieder auf angenehmen Waldwegen. Noch 13 Kilometer. Meine Beine fühlten sich noch gut an und so konnte ich es bergab richtig laufen lassen. Ich überholte noch ein paar Läufer und traf dann auf Michael aus Karlsruhe, mit dem ich von da an bis ins Ziel gemeinsam lief. Auch wenn es nun bergab ging und relativ leicht war, war ich froh um die Ablenkung. Der Ultra-Veteran erzählte mir von seinen vergangen Rennen und die Kilometer und die Zeit vergingen wie im Fluge.
 
Schließlich waren es nur noch 5 Kilometer. Leider war nun auch der schöne Abstieg zu Ende. Im Höhenprofil waren noch ein paar kleine Hügel eingezeichnet gewesen, aber natürlich kamen uns diese Hügel nun riesig vor und es nahm kein Ende. Noch eine Kurve, noch ein Berg… wir rätselten, wo denn nun endlich das Ziel war. Wieder ging es hoch. Noch 1.5 Kilometer und noch ein Anstieg. Dann endlich waren aus der Ferne Musik und der Sprecher vom Ziel zu hören. Die letzten 500 Meter ging es bergab, um die Kurve und endlich, das Ziel lag vor uns!
 
Überglücklich überquerten wir die Ziellinie. Als ich meine Uhr stoppte, konnte ich es kaum glauben. 7:26:13 auf 65.6 km und 1500 Höhenmeter! Nie im Leben hätte ich das für möglich gehalten. Noch schöner war, dass es dieses Mal fast keine Tiefpunkte, keine Schmerzen und keine Verletzungen gegeben hatte und ich den Lauf richtig genießen konnte!
 
Im Ziel musste ich mich dann allerdings doch erst Mal setzen und mein Kreislauf machte ein bisschen Probleme. Aber nichts, was ein Hefeweizen und eine Brezel nicht beheben könnten
 
Am Ende wurde ich 7. von 8 in der Altersklasse Frauen und insgesamt 136. von 233 Teilnehmern bei der deutschen Meisterschaft im Ultratrail, ein Ergebnis, das ich nicht erwartet hätte. Meine Durchschnittszeit pro Kilometer lag mit 6:48 Minuten sogar noch unter meinem Wunschziel. Fazit: Der Bilstein Ultratrail war auf jeden Fall eine Reise wert! Die Strecke war vielleicht nicht so abwechslungsreich wie beim Maintal Ultratrail oder beim Allgäu Panorama Ultratrail, dafür insgesamt sehr gut laufbar und sehr angenehm! :)
 
Vielen Dank an alle, die mich beim Training unterstützt, mit mir unermüdlich Bergsprints trainiert haben oder am Schwanberg gelaufen sind! Es hat sehr viel Spaß gemacht mit euch!  Und nach dem Lauf ist vor dem Lauf! : )