Kristall-Marathon Merkers -22.02.2015-

Lange stand der Untertagelauf auf meiner Wunschliste. Leider war entweder der Zeitpunkt nicht passend, oder das Teilnehmerlimit war erreicht. In diesem Jahr hat es endlich geklappt und wir waren für den 10 KM-Lauf angemeldet.

So starteten wir, das waren Andrea, Anja, Olaf und Gerhard, schon einen Tag früher um die nahegelegene Wartburg und Bad Salzungen zu besichtigen.

Am Sonntagmorgen klingelte der Wecker bereits sehr früh. Das war hart. Aber ab 6.30h gabs Frühstück und die Startunterlagen sollten wir ab 7.30h abholen. Wenig später rauschten wir auch schon in einem dreistöckigen Aufzug in die Tiefe - ganze 90 Sek. für fast 500 Meter - wenn ich da an den Aufzug in unserer Firma denke!!!!. Anschließend wurden wir in quasi Cabrio-Mannschaftswagen durch die dunklen und staubigen Stollen gekarrt. Start-/Ziel- Umzieh- und Essensbereich war der "Konzertsaal".

Da wir bis zum Start noch reichlich Zeit hatten, lauschten wir dem Moderator, der den Läufern das Bergwerk erklärte: Wir waren im sog. Konzertsaal in 500 m Tiefe. Das ist ein sehr weitläufiger und hoher Raum, der wie eine riesige Höhle ins Gestein gefräst ist und früher als Großbunker für die Salzlagerung genutzt wurde. Der Saal ist ca. 250 m lang und 22 m breit sowie 17 m hoch und wird für verschiedenste Veranstaltungen genutzt, so z.B. für Rock- und Klassikkonzerte, Bogenschießen, Kletterwand, Mountainbikerennen, Laufveranstaltung, Betriebsveranstaltungen etc. Das ehemals weltweit größte Bergwerk für Kalibergbau ist heute stillgelegt. Es arbeiten aber noch ca. 200 Kumpels zur Sicherung der Stollen. Das Stollennetz umfaßt die Länge des Straßennetzes der Stadt Leipzig.

Vollgestopft mit diesem Wissen genossen wir den besonderen Flair der Untertagewelt und die Zeit bis zum Start. War schon etwas seltsam anzuschauen, als 180 Starter mit Fahrradhelm dastanden und sich mit den Stirnlampen gegenseitig blendeten. Und schon ging es los. Aber von wegen in die Erde getriebene Stollen sind gerade: Die Laufstrecke war uneben, hügelig (bis zu 15% Steigungen/Gefälle), verwinkelt und größtenteils uneinsehbar. Drei mal mußte die Rundstrecke gelaufen werden und es waren jedesmal 55 HM zu überwinden. Etwas zu schaffen machte uns die Wärme (21 Grad) und die Luft, die mit ca. 20% sehr trocken war. Auf der  Strecke gab es deshalb zwei Wasserstellen. Der Orientierungssinn und auch das Gefühl für Entfernung waren komplett ausgeschalten. Die GPS-Uhr funktionierte da unten sowieso nicht. Auch der Untergrund war anspruchsvoll: Beinhartes festgefahrenes Salz, wie Beton. Darin einige Spurrillen und Schlaglöcher, die nicht immer gut zu sehen waren. An manchen Stellen lag eine dünne Salzschicht, wie Staub. Olaf und Anja haben den Berg- und Tallauf sowie die Wärme am besten weggesteckt und sind in der jeweiligen AK Zweiter bzw. Dritte geworden. Andrea und ich hatten mit der Strecke und mit einer Erkältung zu kämpfen.

Nach dem Lauf gab es Bockwurst mit Weißbrot und Fettbrote mit Gurke, dazu Salzbrezeln. Hört sich schlimm an - hat aber gut geschmeckt. Der Halbmarathon (7 Runden) und der Marathon (13 Runden) wurden eine Stunde nach unserem Lauf gestartet.

Sehr schön war noch die Führung zur Kristallgrotte am tiefsten Punkt (800m) des Bergwerkes. Hier hatte es angenehme 28 Grad und es gab eine Bar. Trotzdem waren wir froh als wir am Spätnachmittag wieder ans Tageslicht kamen und die Helligkeit und Luft genießen konnten.

Resümee: Der Lauf hat einen sehr hohen Erlebniswert und man sollte ihn einmal mitmachen. Es reichen allerdings 10 Kilometer. Sieben mal bzw. 13 mal die Röhrenstrecke laufen ist öd und muß nicht sein.

Die Ergebnisse--->

Fotos gibt es natürlich auch--->

Video und Fotos aus dem Vorjahr von Frank Schwehla--->

Bericht Gerhard Gaßner

 

Keine Angst, aber ein flaues Gefühl

Bericht aus der Kitzinger vom 05.02.2015 von Raph Th. Müller

Vier Leichtathleten des TSV Iphofen und TV Etwashausen bestritten den nicht alltäglichen Kristallmarathon in Merkers/Thüringen. Unter ihnen auch Trainer Ralph Th. Müller, von dem nachfolgender Erlebnisbericht stammt.

Angst? Nein, aber als sich die Aufzugstüren schließen und wir in atemberaubenden Tempo nach unten rasen, bekomme ich doch ein leicht flaues Gefühl in der Magengegend. Ich zähle mit, und nach etwa 60 Sekunden stoppt der massive Stahlkasten. Weiter geht es zu Fuß durch Sicherheitsschleusen. Die seien wichtig, erklärt uns der Bergwerker in seiner schneeweißen Kluft, weil sich sonst aus dem Erdinneren austretende Gase ungehindert ausbreiten könnten.

Wir werden auf offene Transporter verfrachtet. „Nicht die Hände nach oben, nicht während der Fahrt aufstehen“, schärft man uns ein. Schließlich sei die Grubendecke nur etwa 1,50 Meter über uns. Die Händchen oder – schlimmer noch – das Köpfchen könnten da schnell abhanden kommen. Die Fahrt zur Wettkampf-Strecke entpuppt sich als eine Achterbahnfahrt in eine dunkle, stille und sehr enge Welt aus Stollen, Steigungen und Salzadern. Bei der Ankunft öffnet sich ein weiter, hoher Dom. Der Rest ist Routine.

Umziehen, Warmlaufen, Stretching. Dann der Start und ein Lauf, den wir so schnell nicht mehr vergessen werden. Links und rechts zwei Meter Platz, über uns die Decke in etwa drei Meter Höhe und darüber Millionen Tonnen massiver Fels und Salzgestein. Das Läuferfeld zerstreut sich schnell und zieht sich wie ein Kaugummi auseinander. Die Luft ist trocken, teilweise staubig. Es herrscht eine Temperatur von immerhin 21 Grad konstant. Ich spüre die Wucht des Berges um mich herum. Maximilian Fleischmann (TSV Iphofen) und Simon Weber (TV Etwashausen) sind schon weg. Michelle Paul (TSV Iphofen) fällt zurück.

Ich bin allein und renne in die spärlich von kaltem Neonlicht beleuchtete Düsternis hinein. Die Stille ist allumfassend, mein konditioneller Zustand nach einer Runde von ständigem auf und ab bereits am Limit. Die Dehydrierung in der salzionengeschwängerten Luft ist bemerkenswert. Ich schalte einen Gang zurück, werde sofort bestraft und von vier Läufern überholt. Der Boden unter mir schimmert teilweise weiß wie Eis auf einem zugefrorenen See. Aber nein, Glatteis wird es hier wohl nie geben. Die dritte und letzte Runde. Ich ignoriere Seitenstechen, Atemnot und den staubtrockenen Gaumen und fange an zu rennen, überhole noch drei Läufer und sprinte ins Ziel.

Irgendjemand drückt mir einen Zettel in die Hand und hängt mir eine Medaille um den Hals. Geschafft – in jeder Hinsicht. Die Zeit von 44:08 Minuten ist in Ordnung. Sie bedeutet Platz sechs bei den Männern 45. Und die anderen? Maximilian (41:06) und Michelle (50:28) gewinnen ihre Altersklasse in Top-Zeiten. Simon (41:01) wird Sechster bei den Männern und insgesamt 14. von 125 Startern.

Einen Erfolg, ein Erlebnis und eine Erfahrung aber nehmen wir alle mit: Nichts ist so schön wie die Strahlen der Sonne, die nach dem Öffnen der Aufzugstüren weich und warm durch die Fenster hereinscheinen.